Bad Kreuznach (agrar-PR) - In einem Interview mit der Zeitschrift Der Deutsche
Weinbau hat sich der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz
Ökonomierat Norbert Schindler MdB zur Notwendigkeit einer
Hagelversicherung geäußert und dabei wegen des Risikos der
Existenzgefährdung durch Schäden eines extremen Hagelunwetters zur
Versicherung geraten. Hier das Interview mit dem Deutschen Weinbau im
Wortlaut.
Sind nach Ihrer Kenntnis in der
letzten Zeit verstärkt Schäden bei Rebflächen durch Hagel aufgetreten?
Können Sie das Schlagwort vom „Jahr der Wetterextreme 2010” bestätigen?
Wir haben im Juni diesen Jahres in Rheinland-Pfalz
zwei schwere Unwetter mit enormem Hagelschaden erlebt: Am 9. Juni wurden
in der Südpfalz rund 2.400 ha Rebfläche verwüstet, davon rd. 1.600 ha
mit Schäden zwischen 60 und 100 Prozent Einen Tag später hagelte es im
nördlichen Teil der Pfalz und im Süden Rheinhessens, betroffen waren
rund 3.600 ha Rebfläche, davon die Hälfte mit Schäden von über 60
Prozent Angesichts dieser außergewöhnlich großflächigen Schadensgebiete,
der riesigen Niederschlagsmengen im Spätsommer und der sonstigen
Wetterkapriolen in 2010 von dem "Jahr der Wetterextreme" zu sprechen,
ist auch im Rückblick über die letzten Jahrzehnte naheliegend.
Welche finanzielle Unterstützung gibt es für Winzer, die eine Hagelversicherung abschließen möchten?
Rheinland-Pfalz bietet seit diesem Jahr ein
Förderprogramm an, bei dem aus EU-Mitteln ein Zuschuß zum
Versicherungsbeitrag von bis zu 50,00 € pro Hektar versicherte Rebfläche
und maximal 50 Prozent des Beitrags je ha versicherte Fläche gezahlt
wird.
Wie kann Winzern geholfen werden, die mit ihrer
Hagelversicherung zwar weitgehend gegen Ernteausfälle versichert sind,
aber nicht über ausreichende Mittel für einen Traubenzukauf zur
Versorgung ihrer Kundschaft verfügen?
Das alte Winzerideal "Ein Herbst am Stock, einer im
Keller und einer auf dem Konto" ist heute in aller Regel nicht mehr
durchzuhalten. Ich empfehle Selbstvermarktern grundsätzlich, die
Versicherungshöhe so festzusetzen, dass im Schadensfall die
Versicherungssumme ausreicht, um Ersatz in Form von Trauben, Most oder
Wein für die Flaschenweinvermarktung zukaufen zu können. In einem Jahr
wie 2010 mit Erträgen, die auch in nicht verhagelten Anlagen deutlich
unterdurchschnittlich ausfallen, kann natürlich die Ersatzbeschaffung
schwierig und auch teurer als in Jahren mit durchschnittlichen
Erntemengen werden. Folgeprobleme können entstehen, wenn z.B. die
Nachfrage im Flaschenweingeschäft nicht bedient werden kann und deshalb
Kunden abwandern.
Welche Empfehlung geben Sie den Winzern, die
bezüglich der Hagelproblematik - also etwa zu Versicherungsfragen,
Prävention, Schadenregulierung - bei Ihnen anfragen?
Die Frage "Versicherung ja oder nein" ist eine rein
unternehmerische Entscheidung des jeweiligen Betriebsleiters. Deshalb
habe ich in diesem Jahr jedem Winzer, der mich um eine Empfehlung
gebeten hat, geraten, einmal in die Landauer Gegend, ins Leiningerland
oder in den Wonnegau zu fahren, sich dort die Schäden anzusehen und sich
ganz nüchtern zu fragen: "Würde ich das in meinem Betrieb ohne
Versicherung wirtschaftlich verkraften?"
Welche Bedeutung misst die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz einer Risikoversicherung für die Winzer bei?
Die Hagelversicherung ist kein Lotteriespiel mit
der Möglichkeit, viel Geld zu gewinnen, sondern in vielen Fällen eine
sinnvolle, oft auch notwendige Möglichkeit der Risikominimierung in
einem aktiven, investierenden Winzerbetrieb und darüber hinaus jedem
Sonderkulturbetrieb. Wenn mehr Betriebe sich gegen Hagel zu versichern,
sinken übrigens in der Summe die Kosten für alle. Wir müssen uns immer
wieder klar machen, dass wir trotz professioneller und
hochqualifizierter Betriebsführung die "Einflussgröße Wetter" haben, von
der wir abhängig sind wie kein anderer Wirtschaftsbereich.