04.12.2023 | 11:27:00 | ID: 38260 | Ressort: Landwirtschaft | Wissenschaft & Forschung

Entkoppelte Direktzahlungen machen Landwirtschaft produktiver

München (agrar-PR) - Analyse zu Subventionen in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU
Mehr Marktorientierung ist ein Ziel, das die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU in den letzten Jahrzehnten verstärkt verfolgt. Um das zu erreichen, wurden unter anderem die Direktzahlungen von der Produktion entkoppelt. Diese Form der Direktzahlungen macht landwirtschaftliche Betriebe produktiver, stellten Agrarökonomen der Technischen Universität München (TUM) nun fest. Die Umweltauswirkungen blieben trotz höherer Produktivität auf vergleichbarem Niveau.

Mit einer Reform der GAP schränkte die EU ab 2005 die Möglichkeiten der Mitgliedsländer ein, Direktzahlungen an die Produktion zu koppeln, beispielsweise an den Anbau bestimmter Kulturpflanzen. Seitdem richtet sich die Förderung vorwiegend nach der Fläche. Landwirt:innen sollten sich dadurch stärker am Markt orientieren. Jüngst setzen die EU-Länder allerdings wieder vermehrt auf gekoppelte Direktzahlungen und eine Reform im Jahr 2013 weitete ihre Möglichkeiten aus.

Produktivere Landwirtschaft, mehr Marktorientierung und diversere Betriebe – ohne größeren Umweltfußabdruck
Die TUM-Agrarökonomen Dr. Philipp Mennig und Prof. Johannes Sauer untersuchten nun, wie sich Prämien auf die Produktivität landwirtschaftlicher Betriebe auswirken. Die Ergebnisse zeigen, dass landwirtschaftliche Betriebe durch die Entkopplung produktiver werden. Bedingt ist dies ist vor allem durch Skaleneffekte und die verstärkte Nutzung technischer Neuerungen. Landwirt:innen orientieren sich bei entkoppelten Prämien erfolgreich am Marktgeschehen und ergreifen Entwicklungsmöglichkeiten.

Obwohl die Produktivität stieg, blieben die Umweltauswirkungen auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Entkopplung, „Eine Steigerung der Produktivität kann durchaus umweltneutral erfolgen, sie ist nicht per se mit einer Intensivierung der Produktion verbunden“, so der Agrarökonom Mennig. Ein weiterer Effekt war, dass Landwirt:innen ihre Betriebe durch die Entkopplung diversifizierten. Eine mögliche Ursache hierfür ist, dass sie ihre Betriebe auf mehr Standbeine stellten, um das marktbedingt höhere Preisrisiko abzumildern. Ein weiterer Erklärungsansatz ist, dass Landwirt:innen vermehrt außerlandwirtschaftliches Einkommen erwirtschafteten.

Subventionen: Entkopplung als Schlüssel zu effizienter Ressourcennutzung
Die Analyse zeigt auf, was Entscheidungsträger:innen künftig bei agrarpolitischen Reformen beachten sollten. Demnach identifizieren Landwirt:innen erfolgreich die passende Ausrichtung für ihren Betrieb und nutzen dadurch Ressourcen effizient. „Dies ist insofern relevant, weil eine effiziente Ressourcennutzung bei knapper werdenden Ressourcen sowie eine Steigerung der Produktivität im Agrarbereich auf globaler Ebene unerlässlich sind, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und ausreichend Rohstoffe für die Bioökonomie bereitzustellen“, so Mennig weiter. Gekoppelte Direktzahlungen behindern hingegen, dass landwirtschaftliche Güter mit möglichst optimalem Ressourceneinsatz hergestellt werden.

Auch geben die Ergebnisse Aufschluss darüber, wie die Gemeinsame Agrarpolitik hinsichtlich nachhaltiger Landwirtschaft weiterentwickelt werden könnte. Wenn Agrarumweltmaßnahmen gefördert werden, ist dies derzeit häufig an bestimmte Produktionspraktiken geknüpft. Sie entfalten dadurch jedoch nicht ihr volles Potenzial. Mehr Flexibilität und Ergebnisorientierung bei den Maßnahmen könnte künftig dafür sorgen, dass Landwirt:innen Ökosystemdienstleistungen entsprechend der Nachfrage am Markt produzieren. Das Wissen darüber, wie die Märkte für Umweltgüter gestaltet werden könnten, ist aktuell jedoch noch begrenzt.

Forscher verglichen Auswirkungen der Agrarpolitik umfassend
Die Studie ist die erste ihrer Art, die die Vielfalt der Betriebe berücksichtigt, ihre Leistung ganzheitlich hinsichtlich ökologischer und ökonomischer Kriterien beurteilt und über ein klar festgelegtes Alternativszenario verfügt. Für ihre Studie verglichen die Forscher französische und britische Ackerbaubetriebe. Die beiden Länder entkoppelten die Direktzahlungen in unterschiedlichem Tempo: Während Großbritannien schon ab 2005 vollständig entkoppelte, startete Frankreich erst ein Jahr später und behielt bis 2010 den maximal möglichen Anteil an gekoppelten Zahlungen. Die Forschenden verwendeten für ihre Analyse Paneldaten, die beispielsweise betriebsspezifische Informationen zu den erzeugten landwirtschaftlichen Gütern und dem Betriebsmitteleinsatz, aber auch sozioökonomische Kennzahlen wie Alter, Ausbildung und Haushaltseinkommen der Betriebsleiter:innen enthielten. Diese umfassten den Zeitraum 2003 bis 2008. Auf dieser Basis verglichen sie ähnlich strukturierte französische und englische Betriebe miteinander.

Publikation:
Philipp Mennig & Johannes Sauer (2023) Revisiting the impact of decoupled subsidies on farm performance: a counterfactual analysis using microdata, Applied Economics, DOI: https://doi.org/10.1080/00036846.2023.2266601

Weitere Informationen:
• Der Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie landwirtschaftlicher Betriebe forscht zu ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten des Agrarsektors in den Schwerpunktbereichen Betriebsführung, Innovation, Bioökonomie, Ressourcen und Ernährungssicherheit (www.ep.mgt.tum.de/pur).

• Das Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften vernetzt rund 30 agrarwissenschaftlich orientierte Lehrstühle der TUM. Es bietet eine Plattform für die Kommunikation innerhalb der Universität, mit externen Partnern aus verschiedenen Bereichen der Agrarwissenschaft und Agrarwirtschaft sowie mit der Gesellschaft (www.hef.tum.de).

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Philipp Mennig
Technische Universität München
Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie
philipp.mennig@tum.de
www.ep.mgt.tum.de/pur

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