Berlin (agrar-PR) -
Zum von Union und FDP gebilligten
Koalitionsvertrag erklärt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für
Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
"Union und FDP bekennen sich im Koalitionsvertrag
zum 'Prinzip der Nachhaltigkeit'. Die neue Koalition will 'gute
Lebensbedingungen für kommende Generationen'. Ein hehres Ziel. Doch
viele Vorhaben widersprechen diesem Ziel: mehr Wachstum als
regulierendes Leitprinzip, mehr Schulden, mehr Atommüll, zu wenig
konkrete Maßnahmen für den Klima-, Natur- und Verbraucherschutz und
schließlich die Privatisierung zentraler gesellschaftlicher Aufgaben.
Der Natur- und Umweltschutz droht zum fünften Rad am Wagen zu werden.
Schwarz-Gelb hält zwar an dem Ziel fest, die CO2-Emissionen
bis 2020 um 40 Prozent zu senken, wird es jedoch mit diesem
Regierungsprogramm nicht erreichen. Das Signal für den Bau neuer
Kohlekraftwerke, der Verzicht auf ausreichend ambitionierte Maßnahmen
zur Förderung der Energieeffizienz gehen ebenso in eine nicht
zukunftsfähige Richtung wie das Vorhaben, die energieintensive
Industrie beim Emissionshandel noch weiter zu entlasten. Nicht
zukunftsfähig sind auch die Ankündigungen, mehr in den Straßenbau zu
investieren und CO2-Absenkungen in der Autoindustrie auszubremsen.
Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke sind mit
anhaltenden Gefahren für die Bevölkerung verbunden und bremsen eine
Energiewende, die für den Klimaschutz unverzichtbar ist. Längere
Laufzeiten bedeuten mehr Atommüll. Schwarz-Gelb setzt aus politischen
Gründen auf den ungeeigneten Salzstock in Gorleben. Mit Sicherheit und
Vernunft hat das nichts zu tun.
Ähnlich sieht es im Naturschutz aus: Die Erhaltung
der biologischen Vielfalt wird zwar als Ziel formuliert, aber es fehlt
ein konkreter Maßnahmenkatalog, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
So soll ein Bundesprogramm zur Umsetzung der nationalen Strategie für
biologische Vielfalt auf den Weg gebracht und damit einer zentralen
Forderung des BUND entsprochen werden. Doch es werden weder die
zentralen Handlungsfelder wie der Arten- und Biotopschutz, Moorschutz
oder Waldschutz genannt, noch Geld dafür in Aussicht gestellt. Ebenso
unverbindlich bleibt der Vertrag in der Flusspolitik.
Klar die Handschrift der FDP trägt der Beschluss,
dass die Zerstörung von Natur durch neue Industrieansiedlungen,
Straßen- oder Siedlungsbau künftig allein durch Geldzahlungen
kompensiert werden kann, statt dass – wie bisher – an anderer Stelle
ein Ausgleich zu schaffen ist. Der BUND wird in allen Bundesländern
gegen solchen ökologischen Ablasshandel massiven Protest organisieren.
Der BUND begrüßt ausdrücklich die weitere
Übertragung von Flächen des Nationalen Naturerbes in der Größenordnung
von 25.000 Hektar wertvoller Naturflächen und das Versprechen, das
Grüne Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze als
Naturmonument zu sichern.
Ein Kniefall vor BASF ist die Ankündigung, den
Anbau der Genkartoffel Amflora für eine kommerzielle, industrielle
Verwertung zu unterstützen. In der Landwirtschaftspolitik ist trotz des
Bekenntnisses zum ökologischen Landbau keine nachhaltige Linie zu
entdecken: Nach wie vor soll pauschal subventioniert werden, auch die
Überproduktion und der Export von Milch und Fleisch. Das wird für noch
mehr Landwirte das Aus bedeuten. Die Milchmengenregulierung und die
Förderung der ökologisch vorteilhaften Grünlandmilchwirtschaft werden
nach wenigen Jahren auslaufen.
Ob Klima- oder Landwirtschaftspolitik, ob
Verbraucherschutz, Verkehrs- und Naturschutzpolitik: Für die
Umweltbewegung wird es in den nächsten Jahren darum gehen, das
Notwendige durchzusetzen und Fehlentscheidungen zu verhindern. Wir
werden massiven Widerstand gegen diese Politik des ökologischen
Schlussverkaufs mobilisieren. Der BUND wird sich dafür starkmachen,
dass Neckarwestheim I, Biblis A und Brunsbüttel im nächsten Jahr vom
Netz gehen und die gentechnikfreie Landwirtschaft erhalten bleibt. Der
BUND wird sich auch dafür einsetzen, dass die Bundesregierung, die den
Vorsitz der Convention on Biological Diversity der Vereinten Nationen
innehat, 2010 der Aufgabe gerecht wird, federführend ambitionierte
Ziele für den Stopp des Artenverlustes zu formulieren."