05.01.2024 | 14:14:00 | ID: 38547 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Aktionswoche Agrardiesel startet mit Großstreik

Neubrandenburg (agrar-PR) - Trecker und Laster blockieren alle Autobahnzufahrten im Land
Die Landwirtschaft braucht ein klares Zeichen und keine faulen Kompromisse: „Das geplante
Aus für die Agrardiesel-Subventionen und die Kfz-Steuervergünstigungen für
landwirtschaftliche Fahrzeuge muss zu 100 Prozent zurückgenommen werden. Mit dieser
Forderung gehen wir am Montag auf die Straße“, so Detlef Kurreck, Präsident des
Bauernverbandes MV. Am 8. Januar werden die im Bauernverband und „Land schafft
Verbindung“ organisierten Landwirtinnen und Landwirte mit hunderten Treckern 62
Autobahnzufahrten im Land zwischen 6 und 9 Uhr blockieren. Unterstützt werden sie von
zahlreichen Lastkraftwagen vom Landesverband des Verkehrsgewerbes MV, deren Mitglieder
ebenfalls harsche Kritik an den jüngsten politischen Entscheidungen üben. Die Demonstration
bildet den Auftakt zur Aktionswoche der Bauernverbände in ganz Deutschland gegen die
Sparpläne der Bundesregierung.

Die Landwirtschaft habe in den letzten Jahren so viele Veränderungen und neue
Anforderungen mitgetragen, sagt Detlef Kurreck. „Wir sind immer im Dialog mit der Politik
gewesen. Die Sparpläne sind ein Schlag ins Gesicht und ein absolutes Negativbeispiel für
demokratische Politik.“ So könne es nicht weitergehen. „Es muss einen Kurswechsel geben“,
so Johannes Aalberts von „Land schafft Verbindung MV“. „Es ist wichtig, dass wir Landwirte
jetzt zusammenhalten und uns gemeinsam für die Zukunft der Branche stark machen.“
Jeweils 20 Traktoren und fünf Lastkraftwagen werden in den Autobahn-Auffahrten den
Verkehr blockieren. Weitere Fahrzeuge werden am Rande der Zufahrtsstraßen und auf
ausgewiesenen Stellflächen Präsenz zeigen. Die Arbeit von Rettungsdienst, Feuerwehr, THW
und Polizei soll durch die Aktion nicht behindert werden. Es gehe nicht darum, das Land
lahmzulegen, so der Bauernpräsident. „Wir wollen jedoch deutlich machen, was passiert,
wenn die Landwirtschaft nicht funktioniert. Es ist ein Vorgeschmack darauf, wie es aussieht,
wenn Landwirte ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können.“

Besonders beeindruckend sei die breite Unterstützung aus dem Mittelstand, dem Handwerk
und den Unternehmerverbänden. Mit dem Landesverband des Verkehrsgewerbes MV sei ein
gewichtiger Schulterschluss gelungen, der den Forderungen noch mehr Gehör verleihe.
„Auch das Verkehrsgewerbe ist hart getroffen. Da geht es uns ebenso wie den Landwirten“,
verdeutlicht Christian Joerß, Vorsitzender des Landesverbandes des Verkehrsgewerbes MV.
Mit einer 83-prozentigen Erhöhung der Maut, der CO2-Besteuerung, dem gestiegenen
Mindestlohn und den ohnehin hohen Beschaffungskosten für Fahrzeug-Ersatzteile seien die
Spediteure unverhältnismäßig hohen Belastungen ausgesetzt. „Wir kritisieren ebenso wie der
Bauernverband die kapitalen Fehler der Politik“, so Christian Joerß. „Die Regierung fasst
Beschlüsse, ohne dass Umsetzung und Folgen fachlich und sachlich diskutiert werden.“
Die aktuellen Sparpläne seien ein Einschnitt zu viel, sind sich die Akteure einig. Sowohl
Landwirte als auch Spediteure sind unverzichtbar für die Versorgung der Menschen in
unserem Land. „Wir streiken nicht für mehr Geld oder weniger Arbeit. Wir streiken, damit wir
einfach unsere Arbeit weitermachen können“, sagt Detlef Kurreck, Präsident des
Bauernverbandes MV.

Im Laufe der Woche plant der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern weitere
Protestaktionen. Für den 15. Januar ruft der Deutsche Bauernverband (DBV) zu einer
Großdemo in Berlin auf. Hier wurde eine Veranstaltung für ca. 10 000 Menschen angemeldet.
Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern unterstützt diese Veranstaltung. Landwirte
aus dem ganzen Land sind aufgerufen, mit Traktoren nach Berlin zu fahren oder per Bahn oder
Bus in die Hauptstadt zu kommen.

Hintergrund: Aktionswoche Agrardiesel der deutschen Bauernverbände

Wofür stehen wir?
Der Deutsche Bauernverband und seine Landesbauernverbände vertreten rund 250.000
familiengeführte landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland sowie über 40 assoziierte
Mitgliedsverbände aus der gesamten Agrar- und Ernährungswirtschaft. Der DBV steht
zusammen mit seinen Mitgliedsorganisationen für die Interessen von rund einer Million
Menschen im ländlichen Raum.

Worum geht es?
Die Ampelkoalition hat für den Haushalt 2024 geplant, die Agrardieselrückvergütung und die
Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge ersatzlos zu streichen. Allein
diese beiden Maßnahmen würden für die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland eine
Mehrbelastung von rund 920 Mio. Euro pro Jahr bedeuten. In Mecklenburg-Vorpommern
müssten die Betriebe eine Mehrbelastung von rund 73 Mio. Euro tragen. Eine Steuererhöhung
in dieser Größenordnung für eine einzige Branche ist bisher beispiellos und grob
unverhältnismäßig. Die Landwirtschaft hat bereits empfindliche Einschnitte zu tragen:
Streichungen im Agrarhaushalt in Höhe von 375 Mio. Euro (in der GAK, beim Investitions- und
Zukunftsprogramm und bei der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung), Einschränkungen
bei der Umsatzsteuerpauschalierung mit zusätzlichen jährlichen Zahllasten in Höhe von 350
Mio. Euro sowie Wegfall von einkommenswirksamen Komponenten in der GAP-Förderung in
der Größenordnung von 2 Mrd. Euro.

Was fordern wir?
Die deutschen Bauernfamilien lehnen dieses Vorhaben der Ampelkoalition entschieden ab.
Wir fordern von der Bundesregierung, die Pläne zur Streichung der besonderen Agrardiesel-
Besteuerung sowie zur Streichung der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge
sofort und in Gänze zurückzunehmen. Das hilft, die heimische Landwirtschaft zu sichern, die
wir und Sie brauchen, um unsere unabhängige Lebensmittelproduktion mit unseren hohen
Standards zu behalten.

Was ist geplant?
Vom 8. bis 15. Januar 2024 wird im ganzen Bundesgebiet eine Aktionswoche durchgeführt,
um Mitbürger, Verbraucher, Politik und Gesellschaft über unsere Anliegen zu informieren.
Bereits am 18. Dezember sind rund 9.000 Landwirtinnen und Landwirte aus der gesamten
Bundesrepublik vor dem Brandenburger Tor zusammengekommen, um ihrem Unmut über die
geplanten Streichungen Ausdruck zu verleihen. Für den 15. Januar 2024 ist eine weitere
Großkundgebung in Berlin geplant.

Was ist uns noch wichtig?

Wir Bauernfamilien streiten um die Sache und stellen uns gegen die beschlossenen
Maßnahmen, die uns hart treffen würden. Wir stehen für friedlichen und demokratischen
Protest. Wir distanzieren uns aufs Schärfste von Personen, die Umsturzfantasien propagieren
oder Gewalt verherrlichen sowie Personen aus rechtsextremen Kreisen und anderen radikalen
Randgruppen - auch, weil diese teilweise unseren Protest für ihre fragwürdigen Anliegen
vereinnahmen wollen. Wir setzen auf den großen Rückhalt in der Bevölkerung und wollen
diesen nicht verlieren! Wir haben gute Argumente, die im Mittelpunkt stehen und die wir
erklären und vertreten. Wir unterstützen Rettungs- und Pflegedienste, Feuerwehren und
Ordnungskräfte. Wir halten uns an Recht und Gesetz und insbesondere an die Spielregeln für
Demonstrationen und Veranstaltungen: Demonstrationen müssen angemeldet werden. Keine
illegalen Aktionen, keine Übergriffe! Wir respektieren die Privatsphäre unserer
Gesprächspartner: keinerlei Aktionen vor Privathäusern und -wohnungen, keine persönlichen
Anfeindungen!

Weitere Argumente zur Sache

1. Zahlen und Fakten
Der Diesel-Verbrauch in der Land- und Forstwirtschaft beträgt ca. 2 Mrd. Liter jährlich. Auf den
Normalsteuersatz von 47,04 Cent/Liter erhalten Landwirtschaftliche Betriebe eine
Teilerstattung von 21,48 Cent/Liter (insgesamt ca. 440 Mio. Euro p.a.). Damit liegt der
Steuersatz für Agrardiesel im europäischen Durchschnitt. Zusätzlich gilt seit 2021 die CO2
Emissionsabgabe auf Treib- und Brennstoffe von 25 Euro/t (ca. 6,7 Cent/Liter Diesel netto).
Die Emissionsabgabe steigt auf ca. 13,4 Cent/Liter Diesel (netto) - 50 Euro/t CO2 in 2025. Der
durchschnittliche Dieselverbrauch liegt zwischen 110 und 120 Liter Diesel je Hektar und Jahr.
Für einen typischen Vollerwerbs-Familienbetrieb geht es bei Agrardiesel und Kfz-Steuern
schnell um deutlich fünfstellige Beträge pro Jahr.

2. Steuerbelastung für Agrardiesel im EU-Vergleich: Deutschland im Mittelfeld
Europaweit gibt es eine große Spannbreite der Agrardieselbesteuerung: Die höchsten Sätze
haben die Niederlande mit 50,4 Cent/Liter; die niedrigsten Sätze Belgien und Luxemburg mit
0 Cent/Liter. Deutschland liegt mit 25,6 Cent/Liter im Mittelfeld der Belastung. Steuersätze für
andere EU-Länder: Frankreich 37,7 Cent/Liter; Polen 36,8 Cent/Liter; Italien 13,6 Cent/Liter,
Spanien 9,7 Cent/Liter; Dänemark 6,95 Cent/Liter.

3. Kfz-Steuerbefreiung
Auch hier gilt das Argument europäischer Wettbewerbsgleichheit: in zahlreichen EU-Ländern
sind land- und forstwirtschaftliche (Luf)-Fahrzeuge von der KfZ-Steuer befreit. Sinn der KfZSteuer
ist wie bei der Energiesteuer im Wesentlichen die Finanzierung der
Verkehrsinfrastruktur. Landwirte setzen Diesel aber kaum im Straßenverkehr, sondern im
Schwerpunkt für ihre betrieblichen Arbeiten ein. Daher ist eine Entlastung von dieser
Infrastrukturlast sinnvoll und geboten.

4. Alternative oder erneuerbare Antriebsenergien in der Landwirtschaft
Der Verbrennungsmotor wird auf Sicht für schwere Arbeiten unverzichtbar bleiben –
Elektroantriebe können derzeit nur ergänzen (leichte Hofarbeiten etc.). Die CO2-
Emissionsabgabe für Brenn- und Treibstoffe kommt zur Energiesteuer hinzu. Steuerliche
Rahmenbedingen für Biokraftstoffe in der LuF sind völlig inakzeptabel. THG-Quotengesetz im
Verkehr wirkt: Investitionen in Biomethan aus Gülle/Stroh laufen an. Vermarktung des
Biomethans in andere Sektoren ist wirtschaftlich attraktiver.

5. Warum muss die Agrardiesel-Steuererstattung beibehalten werden?
Der Agrardiesel ist keine „Subvention“ im klassischen Sinn, sondern eine Art
Lastenausgleich, mit dem der deutsche Steuersatz für Agrardiesel auf den Durchschnitt
der EU gebracht wird. Die Belastung für deutsche Landwirte liegt bisher im Mittelfeld.
Die Agrardiesel-Erstattung bleibt für ein Mindestmaß an gleichen
Wettbewerbsbedingungen in Europa notwendig.

Eine Streichung der Agrardiesel-Regelung und der Steuerbefreiung für luf-Fahrzeuge
(ca. 485 Mio. €) würde zusammen mit der CO2 Emissionsabgabe für die Landwirtschaft
in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil von über einer Mrd. € bedeuten – dem
keinerlei Entlastungen gegenüberstehen. De Landwirtschaft würde von diesem
Vorhaben der Ampelkoalition dramatisch höher belastet als andere
Wirtschaftsbereiche.

Landwirte setzen Diesel kaum im Straßenverkehr, aber immer für ihre betrieblichen
Arbeiten ein – vergleichbar mit Arbeitsmaschinen in Industrie und Gewerbe. Daher ist
Entlastung sowohl bei der Agrardiesel-besteuerung als auch bei der KfZ-Steuer
angebracht.

Es gibt keinerlei Lenkungswirkung höherer Steuersätze, weil Bodenbearbeitung,
Feldarbeiten, Ernte, Transport und andere schwere Arbeiten derzeit nur durch Einsatz
von Dieselmotoren erledigt werden können. Das Vorhaben der Ampel läuft daher auf
schlichtes Abkassieren von Landwirten und Verbrauchern hinausAnsprechpartner:

Kontakt
Bettina Schipke
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern
Trockener Weg 1b
17034 Neubrandenburg
Tel.: 0395/43092-12
E-Mail: schipke@bv-mv.de
Stefanie Lanin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern
Trockener Weg 1b
17034 Neubrandenburg
Tel.: 0395/43092-28
E-Mail: lanin@bv-mv.de
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