28.11.2023 | 16:49:00 | ID: 38221 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Kabinett verabschiedet Gesetz zum Schutz der Thüringer Agrarstruktur und überweist es an Landtag

Erfurt (agrar-PR) - Die Thüringer Landesregierung stimmte heute in der zweiten Kabinettbefassung dem Entwurf des Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes (AFSG) zu.
Die Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Susanna Karawanskij, betonte: "Die Landesregierung will die regional verankerte Agrarstruktur in den Händen heimischer Betriebe bewahren und Landwirtinnen wie Landwirte vom Kostendruck entlasten. Das vorgelegte Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz ist ein Instrument, um den extremen Preisanstieg am landwirtschaftlichen Bodenmarkt einzudämmen."

Die Landesregierung hat somit eines der wichtigsten agrarpolitischen Vorhaben umgesetzt und in den Landtag verabschiedet.

Seit einigen Jahren rücken Agrarflächen als Kapitalanlage für agrarfremde Investoren immer mehr in den Fokus und erweisen sich als bedeutende Preistreiber. Teilweise haben sich die Preise für Agrarflächen in Thüringen in den vergangenen Jahren verdreifacht. Das ist eine Gefahr für die gewachsene, regional verankerte Agrarstruktur Thüringens. Für heimische Agrarbetriebe und insbesondere Junglandwirte wird es immer schwerer, Agrarflächen zu kaufen. "Die Thüringische Landwirtschaft ist überwiegend von regional verankerten Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben sowie von Agrargenossenschaften unterschiedlicher Größe geprägt. Diese historisch gewachsene Landwirtschaftsstruktur wollen wir bewahren", so Ministerin Karawanskij. Dieses Ziel war mit der bisher bestehenden Rechtslage nicht zu erreichen. Eine Schwäche der aktuellen Rechtslage ist, dass dem Land als Fachaufsicht keine systematisch erfassten Informationen zur Mobilität am Bodenmarkt vorliegen. Bisher sind nicht angezeigte Pachtverträge sanktionsfrei und die Anzeige des Anteilskaufs von Agrarbetrieben wird gar nicht geregelt. Mit dem Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz soll vorrangig Transparenz am Bodenmarkt hergestellt und ein gelingender Generationswechsel in Thüringens Agrarbetrieben unterstützt werden.

Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Kauf- und Pachtverträge am landwirtschaftlichen Bodenmarkt ab einem Hektar angezeigt bzw. genehmigt werden müssen. Bei Zuwiderhandlung können Geldbußen verhängt werden.

Für eine befristete Übergangszeit wird aus agrarstrukturellen Gründen an der bisherigen Festlegung der Mindestgröße von 0,25 Hektar festgehalten. Erstmals wird eine Anzeige- und Genehmigungspflicht bei sogenannten Share-Deals eingeführt. Das bedeutet, wenn Unternehmen mehr als 50 Prozent der Betriebsanteile von in Thüringen ansässigen Agrarbetrieben erwerben, müssen diese wie ein direkter Landkauf angezeigt werden. Eine Genehmigungspflicht von Share-Deals ist ab einem Erwerbsanteil von 90 Prozent vorgesehen. Zudem sieht der Gesetzentwurf eine Preismissbrauchskontrolle vor, um weitere Preisexplosionen am landwirtschaftlichen Bodenmarkt einzudämmen. Die geltende Grenze von 50 Prozent über dem marktüblichen Preis kann in Regionen mit besonders hohen Bodenpreisen auf 20 Prozent über dem Marktpreis abgesenkt werden. Das Vorkaufsrecht der Thüringer Landgesellschaft mbH wird erweitert und eine Haltefrist von vorgehaltenen Agrarflächen von maximal 10 Jahren eingeführt. Das forststrukturelle Vorkaufsrecht nach dem Thüringer Waldgesetz wurde in das AFSG übernommen, um Verwaltungsvorgänge zu vereinheitlichen. Künftig soll auch gemeinwohlorientierten Formen der Landwirtschaft Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht werden.

"Fast die Hälfte der Landesfläche Thüringens ist Agrarland. Die Landwirtschaft ist sozial und wirtschaftlich eng mit unseren ländlichen Räumen verknüpft. Sie versorgt uns mit regional produzierten Nahrungsmitteln. Ein Weiter-so wie bisher wäre politisch fahrlässig, wenn die Entwicklungen am landwirtschaftlichen Bodenmarkt unsere Agrarstruktur gefährden. Im Sinne einer zukunftsfähigen Landwirtschaft in den Händen heimischer Betriebe und zur Unterstützung eines gelingenden Generationswechsels in den Thüringischen Agrarbetrieben ist dieses Gesetz notwendig", betont Ministerin Karawanskij.

Als nächsten Schritt geht der Entwurf zur weiteren legislativen Abstimmung in den Landtag, der dem Gesetz mehrheitlich zustimmen muss.

Die rot-rot-grüne Landesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, ein Agrarstrukturgesetz zu beschließen. Erklärtes Ziel ist der gesetzliche Schutz von Agrarflächen vor dem zunehmenden Einfluss agrarfremder Investoren und die Bewahrung der gewachsenen, regional verankerten Agrarstruktur. Seit der Föderalismusreform 2006 sind ausschließlich die Länder für die öffentlich-rechtliche landwirtschaftliche Bodenmarktgesetzgebung zuständig.

Die eigens gegründete "Bund-Länder-Initiative Landwirtschaftlicher Bodenmarkt" unterstützte die Länder dabei, durch agrarstrukturelle Gesetzgebung strategische Politikziele umzusetzen. Um auf aktuelle Entwicklungen auf dem Bodenmarkt zeitnah zu reagieren, sollten die Länder effektive Kauf- und Pachtpreiskontrollen sowie die Kontrolle von Anteilserwerben an Agrarbetrieben mit landwirtschaftlichen Flächen in die Gesetzgebung aufnehmen. "Wir sind diesem Auftrag nachgekommen, indem wir ein Gesetzentwurf in den Landtag verabschieden, der regional verankerten Agrarbetrieben den Zugang zu ihrem wichtigsten Produktionsgut zu fairen Preisen absichert und Bodenspekulationen vorbeugt", so die Ministerin.
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