Stuttgart (agrar-PR) -
Hubschraubereinsatz am Kaiserstuhl beginnt / Zielgerichteter Einsatz sichert einzigartige Kulturlandschaft / Verschiedene Bekämpfungsmethoden werden eingesetzt "Die Bekämpfung der Feldmaikäfer am Kaiserstuhl muss jetzt
durchgeführt werden. Der erwartet starke Maikäferflug hat aufgrund der
warmen Witterung bereits eingesetzt. Mit einem ausgewogenen Konzept,
das die fachkundigen Partner vor Ort mittragen, werden die Maikäfer
zielgerichtet bekämpft. Zum Einsatz kommt ein pflanzlicher Wirkstoff,
der auch im Ökolandbau verwendet wird", sagte der
baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum,
Peter Hauk MdL, am Dienstag (21. April) in Stuttgart zum Beginn der
Maikäferbekämpfung am Kaiserstuhl ab Mitte dieser Woche.
An den warmen Abenden des Osterwochenendes und den darauffolgenden
Tagen fand bereits stärkerer Maikäferflug am Kaiserstuhl statt. Ein
umfangreiches Monitoring mit Probegrabungen nach Engerlingen weist auf
ein massenhaftes Auftreten des Maikäfers in diesem Jahr hin. Damit
wurde eine sachliche Grundlage für eine Bekämpfung geschaffen. Aufgrund
der Lebensweise der Käfer findet alle drei Jahre ein sogenanntes
Hauptflugjahr statt.
"Um massive Schäden in Reben und Obstanlagen sowie in wertvollen
Waldbiotopen zu vermeiden, ist eine Bekämpfung notwendig. Wer bei
diesem Einsatz von einer großflächigen Giftdusche spricht, schürt auf
unverantwortliche Weise die Ängste der Bevölkerung. In einem breit
angelegten Gesprächsprozess wurden alle Partner vor Ort eingebunden und
gemeinsam eine Strategie mit verschiedenen Maßnahmen entwickelt",
ergänzte Hauk. Daran waren die Kaiserstuhl-Gemeinden,
landwirtschaftliche Berufsverbände und Naturschutzorganisationen sowie
die Landwirtschafts-, Forstwirtschafts- und Naturschutzbehörden
beteiligt. "Zu diesen Gesprächen waren alle Partner eingeladen. Leider
haben einzelne Verbände dieses Angebot nicht entsprechend wahrgenommen.
Die Menschen vor Ort sind sich der Verantwortung für die besondere
Natur am Kaiserstuhl bewusst und haben dies in die Beratungen
eingebracht. Dadurch konnte eine für alle Belange angepasste Lösung
gefunden werden", erläuterte Hauk das Vorgehen.
"Niemand will den Maikäfer ausrotten. Ziel ist eine für alle
Betroffenen tragbare und akzeptable Vorgehensweise, die dem sensiblen
Gefüge des Kaiserstuhls aus Artenreichtum von seltener Flora und Fauna,
der Bewirtschaftung und Prägung durch Obst- und Weinbau, ausgewiesenen
Naturschutzarealen sowie dem Tourismus gerecht wird", betonte Hauk.
Sensible Schutzgebiete und weitere relevante Flächen werden von der
Befliegung ausgenommen. Alle kritischen Flächen wurden durch
Satellitennavigation kartiert und sind Grundlage für die
Befliegungspläne. Dadurch werde eine sehr gezielte Wirkung erzielt.
"Mit dem verwendeten Wirkstoff stellen wir zusätzlich sicher, dass
andere Organismen nur minimal belastet werden. Das im ökologischen
Landbau verwendete Pflanzenschutzmittel baut sich sehr schnell ab und
ist dadurch, insbesondere für die sehr seltene Schmetterlingsart
Spanische Flagge keine Gefahr", erklärte Hauk. Dies werde durch ein
unabhängiges Monitoring seit der letzten Bekämpfung im Jahr 2006
bestätigt.
Die Bekämpfung erfolgt ausschließlich an den stark frequentierten
Fraßplätzen, im wesentlichen die nördlichen und östlichen Waldränder im
Kaiserstuhl bis Bötzingen. Behandelt werden rund 300 Hektar. Der
zentrale Kaiserstuhl wird auch in diesem Jahr wegen der zahlreichen und
hochwertigen Naturschutzgebiete von der Bekämpfung mit dem Hubschrauber
ausgenommen. Eingesetzt wird das Pflanzenschutzmittel Neem-Azal-TS, das
vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit dafür
genehmigt wurde. Der Wirkstoff wird als Pflanzenextrakt aus den Samen
des indischen Neem-Baums gewonnen und wirkt auf das Häutungshormon der
Insekten. Die Wirkung tritt nur bei Insekten auf, die die damit
behandelten Blätter fressen. Wirbeltiere werden nicht geschädigt, auch
wenn sie Maikäfer fressen. Ergänzend werden die Gemeinden
maikäferbesetzte Feldgehölze und Einzelbäume ebenfalls mit Neem-Azal-TS
behandeln. Auch dies erfolgt nach naturschutzfachlichen Vorgaben.
Die Bekämpfung des Feldmaikäfers erfolgt aber nicht ausschließlich
durch Pflanzenschutzmittel, sondern auch durch Abnetzen von
Obstbauflächen, durch das sogenannte Lanzen (Einbringen von
Pflanzenschutzmittel in der unmittelbaren Umgebung von Obst- oder
Rebwurzeln), das Ausbringen von speziellen Pilzen (Beauveria-Sporen)
und durch Ablenkungsfütterung mit bestimmten Einsaatmischungen.
Zusatzinformation:
Der Feldmaikäfer schlüpft Mitte April/Anfang Mai aus dem Boden und
fliegt zum Reifungsfraß an Waldränder. Der Käfer legt dann Eier in den
Boden von Obst-, Weinbau- sowie Acker- und Gemüseflächen ab. Daraus
entwickeln sich in den Folgejahren Engerlinge, die große Schäden durch
Wurzelfraß verursachen können. Ein Schaden tritt in jungen Obst- und
Weinbaukulturen schon bei einem Besatz von 1 bis 2
Engerlingen/Quadratmeter auf.
Deswegen wurden in den Jahren 1997, 2000 und 2006 die Käfer an Waldrändern vom Hubschrauber aus mit Insektiziden bekämpft.
Weil der Kaiserstuhl eine besonders bedeutsame und schützenswerte
Tierwelt aufweist, ist nur eine besonders naturschonende Bekämpfung
möglich. Daher werden Waldränder an der West-, Nord- und Ostseite des
Kaiserstuhls mit einem aus den Kernen der Neembaumfrüchte gewonnenen
biologischen Insektizid behandelt. Das Präparat Neem-Azal- TS hat keine
Kontaktwirkung sondern lediglich eine Fraßwirkung. Es wirkt auf
Insekten fraß- und häutungshemmend. Die Maikäfer produzieren dann
deutlich weniger oder gar keine Eier.