Hannover (agrar-PR) - Schon die bisherige Prüfliste für den Zuchtwert von Bullen in der
deutschen Rinderzucht war sehr umfangreich, jetzt wurde sie nach
Angaben des Landvolks Niedersachsen um einen weiteren Aspekt
verlängert. Neben den wichtigen Kriterien Milchleistung und Exterieur
wird künftig auch ein Zuchtwert für die Fitnessmerkmale Fruchtbarkeit,
Kalbeverlauf und Langlebigkeit ermittelt. Mit der gesonderten
Ausweisung dieses RZFit (Relativzuchtwert für Fitness) erhalten die
Züchter die Möglichkeit, gezielt auch in diesen Merkmalen geeignete
Anpaarungspartner für ihre Milchkühe zu finden.
Weiterhin stehen natürlich Milchmenge und Milchinhaltsstoffe an
erster Stelle bei der Zuchtauswahl, daneben liegt auch großes Gewicht
beispielsweise auf Euterform und gesunden Beinen. Zwischen hoher
Milchleistung und Fitness besteht jedoch eine negative genetische
Beziehung, so dass der gleichzeitigen Verbesserung auch von
Fruchtbarkeit und Langlebigkeit enge Grenzen gesetzt sind. Zudem haben
diese Merkmale nur eine geringe Erblichkeit und sind deshalb
züchterisch schwerer zu verbessern als die Milchleistung. Gerade bei
den Holstein-Rindern als führender Rasse bei der
Milchleistungsveranlagung werden diese Defizite deutlich.
Manche Züchter versuchen deshalb, durch Einkreuzung anderer Rassen
das Problem zu lösen, allerdings können die Kreuzungsnachkommen nicht
mehr als Zuchttiere im Herdbuch eingetragen werden. Aber auch in der
zahlenmäßig ohnehin mit Abstand führenden Holstein-Rasse gibt es
Bullen, die neben einer guten Leistungsvererbung auch sehr gute
Fitness-Eigenschaften an ihre Nachkommen weiter geben. Um diese
herauszufinden, durchlaufen die Bullen einen Testeinsatz in der
Besamung. Anschließend kommen sie auf „Warteposition“, bis genügend
Töchter selbst als Kühe auf ihre Leistungseigenschaften geprüft worden
sind und sich daraus ein statistisch abgesicherter Zuchtwert ermitteln
lässt. Danach entscheidet sich das weitere Schicksal des Bullen:
Langjähriger Einsatz als Topp-Besamungsbulle oder Schlachthaus bei
ungenügendem Zuchtwert. Jedes Jahr werden in Deutschland ungefähr 1.000
Holstein-Bullen auf diese Weise getestet.