Stuttgart (agrar-PR) -
Agrarwissenschaftler der Universität Hohenheim sehen hohes Potential Bessere Vermarktung und mehr Effizienz
sind nicht nur möglich, sondern auch nötig, damit Baden-Württembergs
Landwirtschaft auch in Zukunft bestehen kann. Dafür sollten Landwirte
im Ländle auf vorhandene Stärken und neue Agrartechnik aus Robotik und
Sensortechnik setzen, urteilen Agrarwissenschaftler auf dem
diesjährigen Landwirtschaftlichen Hochschultag vom 16. Juni, der sich
speziell mit Perspektiven für landwirtschaftliche Betriebe in
Baden-Württemberg beschäftigte. Organisiert wurde die Veranstaltung mit
Referenten der Universität Hohenheim und des Ministeriums für Ernährung
und Ländlichen Raum Baden-Württemberg
Ob
Kleinbetriebe oder Großbetriebe, Milchviehhaltung oder Weinbau; die
Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg ist in den
vergangenen zwanzig Jahren um mehr als die Hälfte geschrumpft.
Gleichzeitig erwarten die Landwirte neue Herausforderungen: Die
EU-Agrarreform, der Erhalt der Kulturlandschaft und die hohen Ansprüche
der Konsumenten sind nur einige Beispiele – aber auch Chancen für die
Landwirtschaft in Baden-Württemberg.
Einen Tag lang diskutierten Experten der
Universität Hohenheim und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen
Raum aus Fachgebieten von Agrarökonomie bis Agrartechnik neue
Entwicklungen und Perspektiven. Dabei forderten sie unter anderem:
Zu geringe Rentabilität - Bessere Vermarktung und Chancen der Regionalisierung nutzen
Landwirte in Baden-Württemberg sind vielfach gut
aufgestellt, aber zu wenig rentabel, so Ministerialdirigent Joachim
Hauck vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum. Die Spanne der
Rentabilität, von den besten zu den weniger guten Betrieben, im Land
ist sehr groß. Weil die Agrarpolitik dem Landwirt zukünftig mehr
Eigenverantwortung überlässt, wird sich diese Spanne bei zunehmend
liberalisierten Märkten noch erweitern.
Gleichzeitig hielten die Landwirte
Baden-Württembergs jedoch einen hohen Standard der landschafts-
pflegenden und umweltgerechten Landbewirtschaftung, so das Credo von
Prof. Dr. Enno Bahrs vom Institut für Landwirtschaftliche
Betriebslehre. „Dieses hohe Niveau bildet eine gute Grundlage für eine
erfolgversprechende Marketingstrategie, die auf regionale Kunden
setzt.“ Um über die Direktvermarktung aus dem ökologischen Landbau
hinaus zu gehen, müssen sich die Landwirte starke Vermarktungspartner
suchen, um dem Handel gegenüber entschlossener aufzutreten.
Qualität statt Dumping-Preise
Um langfristig auf globalen und liberalisierten
Märkten zu bestehen, reiche die derzeitige Rentabilität jedoch nicht
aus, analysierte Agrarökonom Prof. Dr. Bahrs. Und fordert eine
Trendwende: „Die von vielen Landwirten bevorzugte Strategie, Produkte
zu möglichst geringen Stückkosten für einen Massenmarkt zu produzieren,
wird für die Mehrheit der Betriebe in Zukunft nicht mehr ausreichend
rentabel sein. Allerdings sind höhere Erlöse nur im Schulterschluss mit
der gesamten Wertschöpfungskette zu erzielen.“ Baden-Württemberg sei
hier zumindest aus einer Perspektive gut aufgestellt: „In Anbetracht
der überdurchschnittlich hohen Kaufkraft der Konsumenten im Land werden
qualitativ hochwertige regionale Produkte mit Anknüpfungspunkten aus
den Bereichen Umwelt-, Natur- und Tierschutz Abnehmer finden.“
Zukunftstechnologien im Pflanzenbau
Mehr Hightech in allen Bereichen des Pflanzenbaus
erwarten Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger und Prof. Dr. Wilhelm
Claupein vom Institut für Pflanzenbau und Grünland: „In Kombination mit
der klassischen Fruchtfolge können wir hier noch weitere
Produktivitätssteigerungen erwarten.“ Neuerungen und
Weiterentwicklungen in der Robotik, der Sensortechnik oder bei
Parallelfahrsystemen stünden hier kurz vor der Verwirklichung, ergänzte
Prof. Dr.-Ing. Stefan Böttinger vom Institut für Agrartechnik: „Dazu
gehören neue Funktionalitäten der Landmaschinen mit einer ganzen
Palette neuer Möglichkeiten. So können zum Beispiel die Sensoren der
Zukunft auch Gerüche identifizieren, um beispielsweise Krankheiten
rechtzeitig zu erkennen oder um die Qualität der Ernteprodukte hoch zu
halten.
Optimierung der Nährstoffverwertung in der Tierfütterung
Weiteres Potential für mehr Produktivität sieht
Prof. Dr. Markus Rodehutscord vom Institut für Tierernährung auch in
einer ausgeklügelten Tierfütterung: „Durch ein zielgerichtetes Anpassen
der Menge der Nährstoffe können zum Beispiel die Gewichtsentwicklung
oder Milchleistung auf ein Optimum gebracht werden.“ Gleichzeitig
trügen Landwirte eine hohe Verantwortung, da die verwendeten
Nährstoffe, wie zum Beispiel der Phosphor, bereits weltweit verknappen.
„Unsere Gesellschaft, einschließlich der Landwirtschaft, muss wieder
lernen in Kreisläufen zu denken und zu produzieren“, so der
Tierwissenschaftler. Das gelte auch für die unerwünschte Nebenwirkung
der Produktion klimawirksamer Gase in der Tierhaltung. „Hier ist auch
noch die Forschung massiv gefragt, um die Messbarkeit des Ausstoßes
durch neue Messmethoden zu verbessern und neue Möglichkeiten
aufzuzeigen, wie der Ausstoß klimarelevanter Gase in die Atmosphäre
reduziert werden kann.
Ansprechperson:
Prof. Dr. Enno Bahrs, Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre, Universität Hohenheim,
Email:
bahrs@uni-hohenheim.de, Tel.: 0711 459-22566