Stuttgart (agrar-PR) -
Wildtiere im Frühjahr besonders aktiv / alle 30 Minuten passiert im Land ein Wildunfall / Augen auf bei Fahrten durch Waldgebiete / Schaffung von Bewegungskorridoren notwendig "Gerade jetzt im Frühjahr besteht eine besonders hohe Gefahr für
Kraftfahrer, in einen Unfall mit einem Wildtier verwickelt zu werden",
sagte der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum, Ernährung
und Verbraucherschutz, Rudolf Köberle MdL, am Dienstag (6. April) in
Stuttgart. Grund hierfür sei die regelmäßig mit dem Beginn des Frühjahrs
sprunghaft ansteigende Aktivität vieler heimischer Wildtierarten.
Während das betroffene Wildtier den Wildunfall häufig mit seinem Leben
bezahlt, sind für den Menschen in der Regel Sachschäden die Folge.
Allerdings seien auch bei Unfällen mit größeren Wildtieren
Personenschäden nicht auszuschließen. Besonders für Motorradfahrer
würden Wildunfälle oft tragisch enden.
Besonders hoch sei die Gefahr für Wildunfälle vor allem dort, wo die
typischen Lebensräume des Wildes von Verkehrswegen durchschnitten
werden. "Vor allem in großen geschlossenen Waldgebieten, aber auch in
abwechslungsreichen Landstrichen mit Wiesen, Feldern und Waldinseln
finden die meisten Wildtiere ideale Lebensbedingungen. Bei Fahrten durch
solche Abschnitte ist eine erhöhte Aufmerksamkeit geboten", betonte
Minister Köberle. Das Verkehrszeichen 'Wildwechsel' sei unbedingt zu
beachten und das Tempo deutlich zu drosseln. Besonders gefährlich seien
Fahrten in den Zeiträumen der morgendlichen oder der abendlichen
Dämmerung.
"Hauptgründe für die spürbare Zunahme der Wildtieraktivitäten sind
nicht etwa Frühlingsgefühle, sondern Futtersuche und Revierabgrenzung.
Vor allem das männliche Rehwild, die Rehböcke, sind jetzt unterwegs.
Jungtiere suchen nach Revieren, mit möglichen Rivalen werden
Einstandskämpfe geführt, die bis zum Sommer ihren Höhepunkt erreichen",
erklärte der Forstminister. Das Frühjahr bilde deshalb neben den
Paarungszeiten, die in der Regel in den Sommermonaten oder im Herbst
liegen, einen Zeitraum mit erhöhter Aktivität des heimischen Wildes. Der
Bewegungsradius werde dabei deutlich ausgedehnt. Dagegen werde in den
Wintermonaten bei den meisten heimischen Wildarten der Stoffwechsel und
damit die Bewegungsaktivität deutlich reduziert. Diese Reduktion kann
bis zu 50 Prozent gegenüber den Sommermonaten betragen.
Minister Köberle wies darauf hin, dass ein Wildunfall in jedem Fall
der Polizei, der Gemeinde oder dem zuständigen Jagdausübungsberechtigten
mitgeteilt werden müsse. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine
mögliche Schadensabwicklung durch die Kasko-Versicherung sei dies
unerlässlich. Auf keinen Fall dürfe totgefahrenes Wild mitgenommen
werden. "Das ist schlicht nicht erlaubt. Im Zweifelsfall muss mit einer
Anzeige wegen Wilderei gerechnet werden", betonte Forstminister Köberle.
Wild in der Kulturlandschaft
Die Intensivierung der Landnutzung und die stetig zunehmende
Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrsachsen haben zu einer starken
Spaltung von Wildtierlebensräumen geführt. So werden auf dem 36.000
Kilometer langen überörtlichen Straßennetz in Baden-Württemberg
durchschnittlich zwei Rehe pro Stunde durch den Verkehr getötet.
„Deshalb brauchen wir einen übergeordneten, landesweiten
Generalwildwegeplan. Dieser soll künftig von großer Bedeutung für das
Wildtiermanagement und den Erhalt der biologischen Vielfalt in
Baden-Württemberg sein. Der Wildwegeplan kann als übergeordneter Plan
für künftige Infrastrukturprojekte zur Verfügung stehen.
Wildtierkorridore schaffen Lebensraum für alte und neue Arten", betonte
Köberle.
Auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen bestehe
Handlungsbedarf, Wildtierkorridore im gesamten Land zu schaffen. Diese
verbinden wie ein grünes Netzwerk die bedeutenden Waldlebensräume als
Rückzugsgebiete vieler seltener Arten. In einem Forschungsprojekt wurde
ermittelt, dass an über 1.500 Stellen im Land Wildunfälle in großer
Häufung vorkämen. Der Wechsel von Tieren zwischen verschiedenen
Standorten und auch die Wiederbesiedlung verwaister aber immer noch
vorhandener Lebensräume seien durch Verkehrsverluste erheblich
gefährdet.